So führt ein Besuch in Krakau zu einer für ihn alles verändernden Unterhaltung: In einer Synagoge sagt ihm ein Jude auf den Kopf zu, dass sein Opa ein Nazi war. Bei anderer Gelegenheit wird er von einer älteren Dame angesprochen, diese sei mit dem Opa auf einem Elitegymnasium gewesen. Dieser sei schon damals als 13jähriger ein fanatischer Nazi gewesen.
Was macht man mit diesen Informationen? Versucht man seinen Frieden mit der Vergangenheit zu machen? Schließlich hatten die meisten Menschen der Generation Nazi-Großeltern, was heißt das schon? Der Versuch, mit der Geschichte des Großvaters abzuschließen, endet jedoch jäh, als Uwe von Seltmann einen Brief von einem Historiker bekommt, der die grauenhafte Gewissheit bringt: Der Opa war nicht nur ein „kleiner Nazi“, er gehörte zum Stab eines hohen SS-Mannes und war im Warschauer Ghetto im Einsatz gewesen. Zu den weiteren Dokumenten, die Uwe von Seltmann findet, gehören auch Fotos, die seinen Opa zusammen mit Heinrich Himmler zeigen.
Uwe von Seltmann hat seine Geschichte aufgeschrieben, denn „schweigen die Großeltern, sprechen die Enkel“. Er ist der Erforschung von Familiengeschichten treu geblieben. Wie es der Zufall oder das Schicksal wollte, verliebte er sich in eine Frau, dessen Großvater ebenfalls zur Zeit des Nationalsozialismus gelebt hat, jedoch nicht Täter, sondern Opfer in Auschwitz war. Auch in dieser Familie wurde die Geschichte totgeschwiegen, wenn auch aus anderen Beweggründen.
Warum erzählt Uwe von Seltmann über seine Familie an Schulen? Ganz einfach: Um die Erinnerung an eine Zeit wachzuhalten, die so unendlich weit weg scheint, es aber in manchen Momenten schon gar nicht mehr ist. Wir müssen wachsam bleiben und Verantwortung übernehmen! (Nadine Kuhnert, Geschichtslehrerin)